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5. Praxis der Organspende

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5.1 Bei Verstorbenen
Voraussetzungen für jede Organspende sind die Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen wie z. B. die Todesfeststellung und die Zustimmung zur Organentnahme und die medizinische Eignung. Nach dem Stand der Wissenschaft ist der Mensch tot, wenn entweder sichere Todeszeichen wie Leichenstarre und Totenflecken auftreten oder aber das gesamte Gehirn abgestorben ist (Hirntod). In ersterem Falle ist lediglich eine Gewebespende (z.B. Hornhaut der Augen) möglich. Für die Entnahme durchbluteter Organe (Niere, Leber, Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse) ist ein intakter Blutkreislauf (schlagendes Herz) erforderlich. Zum Hirntod führen im wesentlichen zwei Ursachen: Verletzungen des Gehirns (Unfälle, Selbstmordversuche u.ä.) sowie Krankheiten (Hirnblutungen, Schlaganfälle, Hirntumore, Sauerstoffmangel u.a.). Der Hirntod wird von zwei Ärzten, die voneinander und vom Transplantationschirurgen unabhängig sind, festgestellt. Die Kriterien werden von der Bundesärztekammer festgelegt. Der nächste Schritt auf dem Weg zur Organspende ist das Einverständnis. Das Einverständnis (oder auch die Ablehnung) kann zu Lebzeiten mittels eines Organspendeausweises dokumentiert werden. Allerdings haben nur etwa 5% der Bevölkerung einen solchen Ausweis. Für alle anderen Fälle hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass die Angehörigen (oder enge Freunde oder ein vom Verstorbenen Beauftragter) zum mutmaßlichen Willen des Verstorbenen befragt werden (erweiterte Zustimmungslösung). Bei vorliegendem Einverständnis wird die zentrale Koordinierungsstelle (aktuell die DSO-Deutsche Stiftung Organtransplantation) informiert, die die Organentnahme gemeinsam mit den Transplantationszentren, die in diesem Falle auch Entnahmezentren sind, organisiert. Gleichzeitig beginnt die Vermittlung der Organe. Diese Vermittlung hat nach den Vorgaben des Gesetzgebers “nach dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft, insbesondere nach Erfolgsaussicht und Dringlichkeit” zu erfolgen. Diese Vermittlungsstelle ist Eurotransplant in Leiden/Holland.

Kriterien für die Vermittlung sind unter anderem:

  • passende Blutgruppen (?Kompatibilität?; keine völlige Gleichheit erforderlich)
  • passende Übereinstimmung von Gewebemerkmalen des Spenders und Empfängers (?HLA?)
  • Dauer der Wartezeit
  • Alter (Kinder werden bevorzugt)

Um Organe vermitteln zu können, führen alle Transplantationszentren Wartelisten. Auf eine Niere warten deutschlandweit ca. 10.000 Patienten bei einer Transplantationsrate von ca. 2200 pro Jahr.

Weitere Informationen: Arbeitskreis Organspende

5.2 Die Lebendspende
Sie ist nur von paarigen Organen (Niere) oder Teilen unpaarer Organe (Leber, Darm) möglich. Vom Gesetzgeber sind folgende Voraussetzungen einer Lebendspende vorgesehen:

  • Volljährigkeit und Einwilligungsfähigkeit
    Einwilligung nach Aufklärung
    medizinische Eignung
    Erfolgsaussicht der Organübertragung
    fehlendes anderes Spenderorgan (eines Verstorbenen)
    der Eingriff muss durch einen Arzt erfolgen
    Empfänger können sein: Verwandte bis zweiten Grades, Ehegatten, Verlobte und andere Personen die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahe stehen (z.B. langjährige enge Freunde)
    Einverständnis des Spenders zu einer Nachbetreuung nach dem Eingriff

Votum einer Kommission, dass verbotener Organhandel weitestgehend ausgeschlossen werden kann

5.3 Zur Vorbereitung einer Nierentransplantation
sind eine Reihe von Untersuchungen und eventuell auch Behandlungen erforderlich. Sie sollen die Eignung des Transplantationskandidaten sicherstellen und optimale Voraussetzungen für die Transplantation schaffen. Da die durchschnittliche Wartezeit auf eine Niere bei über vier Jahren liegt, müssen einige Untersuchungen regelmäßig wiederholt werden. Die Transplantation selbst dauert je nach den Verhältnissen im Operationsgebiet etwa 2 bis 4 Stunden. Es wird grundsätzlich nur eine Niere transplantiert, da sie zur Aufrechterhaltung aller Nierenfunktionen völlig ausreichend ist. Die eigenen, in der Flankenregion liegenden Nieren werden bis auf wenige Ausnahmen (Infektionen, große Zystennieren) belassen. Die neue Niere wird in den Unterbauch entweder rechts oder links oberhalb der Leiste eingepflanzt. Um eine gute Durchblutung zu sichern, werden ihre Blutgefäße an die großen Blutgefäße des Beckens angeschlossen. Der Harnleiter, der den Urin transportiert, wird in die Harnblase eingepflanzt. Die anfängliche Heilungsphase bis zur Entfernung der Hautklammern dauert etwa zehn Tage, insgesamt muss mit einem Krankenhausaufenthalt von vier bis sechs Wochen gerechnet werden. In dieser Zeit sind auch die meisten Komplikationen zu beobachten: Verschlüsse der Nierengefäße durch Blutgerinnsel, Leckagen des neuen Harnleiters, Infektionen und andere Nebenwirkungen der abstoßungshemmenden Medikamente und so genannte Abstoßungskrisen. Damit die neue Niere als körperfremdes Gewebe nicht sofort wieder abgestoßen wird, muss mit Medikamenten (Immunsuppressiva) eine künstliche Abwehrschwäche erzeugt werden. Gelegentlich ist das Abwehrsystem jedoch stärker als die Medikamente, dann spricht man von einer Abstoßungskrise (Rejektion). Mit den in den letzten Jahren neu entwickelten Medikamenten lassen sich diese Abstoßungskrisen jedoch in den allermeisten Fällen gut behandeln. Trotz alledem gehen im ersten Jahr nach Transplantation 10-15% der Organe an den genannten Komplikationen verloren, manche nehmen auch nie die Funktion auf. In diesen Fällen muss mit der Dialysetherapie fortgefahren werden. Ansonsten kann mit einer Zehnjahres-Funktionsrate von ca. 50% gerechnet werden. Nach einer erfolgreichen Nierentransplantation gilt der Patient als medizinisch rehabilitiert und kann z.B. einer Erwerbstätigkeit nachgehen, Sport treiben, öffentliche Verkehrsmittel benutzen oder auch Mutter bzw. Vater werden.